Hinter unserer Hütte ist ein Wald, den ich an einem Tag nur durchlaufen kann, wenn ich im Hochsommer vor Sonnenaufgang aufstehe und den ganzen Tag ohne Pause durchwandere. Die ersten Wochen und Monate in den Bergen verstand ich täglich besser, wenn Kafka schrieb, dass im Wald Dinge sind, über die nachzudenken man jahrelang im Moos liegen könne. Ich lag im Moos, ich folgte den Fährten der Tiere und streunte manchmal tagelang im Wald umher, ohne auf einen Menschen zu treffen. Es war einfach großartig.
Die Slowakei ist voller Wälder und Gebirge, rund die Hälfte des Landes besteht aus ihnen. Und Begegnungen mit Bären, Wölfen und Luchsen gehören noch zum Alltag der Einwohner. In dem Jahr, als wir heirateten, brach im Nachbardorf ein Bär durch das Dach eines abgelegenen Häuschens, in dem eine alte Frau wohnte. Als sie vom Einkaufen nach Hause kam und die Tür öffnete, rempelte sie ein ausgewachsener Braunbär um. Sie hatte Glück und kam mit ein paar blauen Flecken davon. Ihre Küche allerdings war komplett verwüstet: Marmeladen- und Honiggläser zerschlagen, Konserven aufgebissen und der Kühlschrank ratzekahl ausgeräumt.
Ich bin nicht sicher, ob all diese Geschichten immer bis zum letzten Detail stimmen, aber die Häufigkeit, über die mit derartigen Begegnungen gesprochen wird, zeigt mir, dass das Leben der wilden Tiere und der Menschen noch miteinander verwoben sind. Es ist auch kein Wunder, dass Bär, Wolf und Luchs allgegenwärtig sind, denn der Donau-Karpaten-Raum (die Slowakei ist kein kleiner Teil davon) beherbergen rund die Hälfte aller großen Beutegreifer in Europa. Nach und nach verstand ich, wo ich da gelandet bin. Die Slowakei ist zwar ein kleines Land, aber in Sachen Natur gehört sie zu den Großen. Wenn ich als Naturfreund auf eine topografische Landkarte des Landes schaue, sehe ich vor allem drei große Naturräume, die eine Menge zu bieten haben: Gebirge, Flusslandschaften und Tiefebenen.
Das war ein kurzer Auszug aus dem 65. Kapitel – Weil die Slowakei ein kleines großes Land ist, des Buches 111 Gründe, die Slowakei zu lieben von Jörn Kaufhold.
Den Autoren des Buches habe ich zum ersten Mal vor mehr als 10 Jahren bei einer seinen ersten Erkundungstouren getroffen, nachdem er mit seiner slowakischen Frau Petra in eine Hütte ins slowakische Vogelgebirge zog. Ich wohne nämlich in einem abgelegenen Haus auf der anderen Seite des Waldes, der sich hinter der Jörn`s Hütte erstreckt. (Nein, in unser Haus ist noch kein Bär eingebrochen :-)) Seitdem tauschen wir bei jeder Begegnung voller Begeisterung unsere neuen Erkenntnisse, Entdeckungen und Erfahrungen über Pflanzen, Wildtiere und interessante Wanderwege in unserer nahen und fernen Umgebung aus.
Ich habe mich gefreut, als ich erfahren habe, daß Jörn ein Buch über die Slowakei schreibt, weil ich wußte, dass es kein weiteres Buch mit trockenen Fakten wird aber ein Buch mit humorvollen und liebevollen Geschichten. Nachdem ich das Buch gelesen habe, kann ich sagen, daß es noch besser ist als ich erwartet habe. Ich musste oft lachen, z.B. weil im Slowakischen die Verniedlichung der Verniedlichung verniedlicht wird, weil mehrere Semester Mathematikstudium notwendig sind, um Fahrpläne zu verstehen oder weil grüne Trabanten Glück bringen.
Neben diesen lustigen Geschichten finden Sie in dem Buch auch viele Tipps zu den Orten, die man in der Slowakei gesehen haben muss, welche Speisen man unbedingt in der Slowakei kosten sollte, man viel Wissenswertes aus der Geschichte des Landes, über die Natur, Traditionen, Persönlichkeiten und über das längste Liebesgedicht der Welt erfährt. Wie der Dichter Andrej Sládkovič im Jahre 1846 in 291 Strophen und 2900 Versen seine Liebe zu der hübschen Marína ausdruckte, so hat Jörn Kaufhold im Jahre 2019 auf 232 Seiten seine Liebe zu der schönen Slowakei beschrieben – einem kleinen, großen Land im Herzen Europas. Und natürlich können Sie die 111 Dinge aus Jörn`s Buch mit uns erleben. Alle beschriebenen 111 Dinge sind Bestandteile unserer Wanderwochen oder Ausflügen. Und wir sind überzeugt, dass die Liste eigentlich noch viel länger sein müsste. Und wer weiss, vielleicht setzen wir das Buch ja fort und schreiben über – Die Lieblingsplätze der Wanderführer in der Slowakei…:-) Viel Spass beim Lesen.
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