Mit diesem Blogartikel möchten wir Sie in eines der unbekanntesten Gebirge der Slowakei entführen – in die Grosse Fatra. Egal was und in welcher Form man über die Grosse Fatra schreibt, um einen Berg kommt man nicht umhin – den weithin sichtbaren Krizna. Diesen werden wir in diesem Blogartikel ausführlich beschreiben und uns in einem späteren, separaten Blogartikel intensiv der Grossen Fatra widmen.
Wander- und Naturparadies Grosse Fatra
Die Grosse Fatra (slowakisch Velka Fatra) ist ein sehr vielfältiges und wunderschönes Gebirge in der Mittelslowakei. Bestens markierte Wanderwege durchziehen das Gebirge und fantastisch gelegene Berghütten bieten Unterkunft inmitten von unbeschreiblich schöner Berglandschaft. Egal zu welcher Jahreszeit man die Grosse Fatra besucht, es ist immer zu empfehlen. Charakteristisch für die Grosse Fatra sind die weiten, artenreichen Bergwiesen, welche sich größtenteils entlang des Hauptkammes ziehen und die ausgedehnten Wälder. Diese sind geprägt von Mischwald mit Rotbuchen, Ahorn, Eichen und in weiten Gebieten, für europäische Verhältnisse, findet man Eiben. Die Eibe ist daher auch zum Symbol des Nationalparks Grosse Fatra geworden. In den höheren Lagen sind Bergkiefern, Fichten und Tannen zu Hause. Und einige abgelegene Waldgebiete der Grossen Fatra sind auch heute noch als urwaldähnlich zu bezeichnen und daher besonders schützenswert.
Neben den erwähnten Bergwiesenlandschaften und der weiten Wälder, sind es auch zahlreiche Karstformationen welche die Grosse Fatra so besonders machen. Die Karstgebilde und die dazugehörigen Höhlensysteme sind Lebensraum für zahlreiche Vogelarten wie z.B. Steinadler, Wanderfalke, Kolkrabe, Uhu und auch seltene Fledermausarten sind hier anzutreffen. Wolf, Bär, Luchs, Wildkatze und Rothirsche sind weitverbreitet und finden ideale Lebensbedingungen in der weitgehend ursprünglichen Natur. Neben der vielfältigen Fauna, begeistert ebenso die Flora, welche zahlreiche seltene und endemische Pflanzenarten beheimatet. Als Beispiele seien hier nur einige genannt wie z.B. Dianthus nitidus (Gattung Nelken), Cyclamen fatricum (Gattung Alpenveilchen), Slawische Kuhschelle (Pulsatilla slavica), Tatra-Schwingel (Festuca tatrica), Karpaten-Soldanelle (Soldanella carpatica) oder Tatra-Horst-Segge (Carex sempervirens subsp. tatrorum).
Die Grosse Fatra gehört zum Fatra-Tatra-Gebiet, welches wiederum zu den Inneren Westkarpaten zählt. Grob gesagt liegt die Grosse Fatra ungefähr zwischen den Städten Ruzomberok im Nordosten, Martin im Nordwesten, Turcianske Teplice im Südwesten und der Banska Bystrica im Süden.
Das Gebirge Grosse Fatra beheimatet auch den gleichnamigen Nationalpark Große Fatra. Bereits seit 1973 war die Grosse Fatra ein Landschaftsschutzgebiet und wurde am 1. März 2002 zum Nationalpark umgewandelt. Somit handelt es sich, gemeinsam mit dem Nationalpark slowakischer Karst, um den jüngsten der neun slowakischen Nationalparks. Das Gebiet des Nationalparks umfasst eine Größe von 665,03 km² und die Größe der Kernzone beträgt 403,71 km².
Der König der Grossen Fatra – der Krizna
Der Berg Krizna ist mit 1574 m der dritthöchste Berg der Großen Fatra und befindet sich am südlichen Ende des Hauptkammes. Er ist weithin sichtbar und sehr gut von den anderen mit Wiesen bedeckten abgerundeten Bergen der Großen Fatra zu unterscheiden, da sich auf seinem Gipfel eine Antennenanlage befindet. Der Krizna ist nur 20 km von der Hauptstadt der Mittelslowakei Banska Bystrica entfernt, und ist eines der beliebtesten Wanderzielen der wanderfreudigen Stadtbevölkerung. Der Name Krizna kommt von der Bezeichnung Kreuzung und kann umgangssprachlich als Kreuzberg übersetzt werden, weil sich auf dem Gipfel 4 bedeutende Wanderwege kreuzen.
Krizna – ein Berg für die großen und kleinen Wanderer
Die Besteigung des Krizna kann man als eine schöne, leichte Familientour aber auch als eine ganztägige anspruchsvolle Wanderung mit großen Höhenunterschieden planen. Eine sehr empfehlenswerte, leichte Tour beginnt am Berghotel Kralova Studna, welches in einer Höhe von 1300 m ü.M. liegt. Der Aufstieg von hier zum Krizna dauert zirka 2 Stunden. Die Wanderung wird noch interessanter, wenn man einen kleinen Abstecher zu einem Partisanenbunker und einer Gedenktafel an die Verunglückten in den Bergen der Großen Fatra unternimmt. Zum Hotel führt aus dem Talort Horny Harmanec ein kurvenreicher, ca. 14 km langer und überwiegend nicht asphaltierter Waldweg. Die Fahrt fordert vom Fahrer Geduld und ist mit jedem normalen, nicht tiefer gelegten, PKW zu schaffen. Angekommen am Hotel, muss an der Rezeption eine kleine Gebühr für das Auto bezahlt werden. Wer nicht mit dem eigenen Auto fahren möchte, kann von Mai bis Oktober an Wochenenden und slowakischen Staatsfeiertagen mit dem Wanderbus aus Banska Bystrica zum Berghotel Kralova Studna fahren. Der Bus fährt um 8:30 Uhr in Banska Bystrica ab und um 17 Uhr vom Hotel zurück. Der Wanderbus erfreut sich grosser Beliebtheit, ist manchmal schön voll, und die 1,5 Stunde lange Fahrt in die Berge kann zum grössten Abenteuer des Tages werden, da mit einem nostalgischen IKARUS Bus gefahren wird. In jedem Fall ein Spass.
Die größere und anspruchsvollere Variante einer Wanderung auf den Gipfel des Krizna beginnt im Wahlfahrtsort Stare Hory. Der Aufstieg über den blaumarkierten Wanderweg überwindet bis zum Gipfel mehr als 1100 Höhenmeter. Nach dem ersten zirka 2-stündigen Aufstieg erreicht man das Felsmassiv Majerova skala. Hier werden die Anstrengungen zum ersten Mal mit einem atemberaubenden Blick auf die Bergwelt der Mittelslowakei belohnt. Zum Gipfel braucht man von hier noch etwas über eine Stunde, die Steigung ist nicht mehr so gross und die ganze Zeit bieten sich fantastische Ausblicke, da der Wanderweg schon oberhalb der Waldgrenze entlang führt. Eine etwas kürzere Variante beginnt hinter dem Dorf Turecka. Dieses liegt am Ende eines engen Tales, welches im Winter oft von Lawinen gefährdet ist. Die Wanderung beginnt mit dem gelbmarkierten Wanderweg, welcher über einen steilen Wiesenhang führt und sich unterhalb des Krizna mit dem blaumarkierten Wanderweg verbindet. Bei dieser Variante heisst es, ca. 800 Höhenmeter aufzusteigen.
Der Krizna ist auch für Wanderer aus der nördlich gelegenen Region Liptov ein attraktives Ziel. Hierzu sollte man als Ausgangspunkt für eine sehr schöne Ganztagestour das Dorf Liptovske Revuce wählen. Sie beginnen die Tour auf dem grünmarkierten Wanderweg, welcher durch das Tal Sucha dolina führt und sich im Bergsattel Rybovske sedlo mit dem europäischen Fernwanderweg E8 trifft. Auf dem rotmarkierten Fernwanderweg steigt man bis zum Krizna auf und als Belohnung erwartet Sie ein eindrucksvoller Rundumblick. Von hier aus sieht man den mit Wiesen bedeckten Hauptkamm wie auch den felsigen Karstteil der Großen Fatra. Der Blick reicht über das Turiec-Tal bis zur Stadt Martin und weiter bis zu den Bergen der Mala Fatra. Ebenfalls können Sie das Choc-Gebirge, die Westtatra, die Altenberger Berge, die Niedere Tatra, die Urwälder des Polana, die Kremnitzer und Schemnitzer Berge sehen. Nach einer wohlverdienten Pause auf Krizna folgen Sie weiter dem Kammwanderweg im leichten Auf und Ab zum Ostredok, dem höchsten Berg der Großen Fatra (1592 m ü.M.). Nachdem Sie den Ostredok überquert haben, gelangen Sie zu einer alten Almhütte. Die Wiesenlandschaft hier nennt sich Chyzky und hier biegen Sie auf den gelbmarkierten Weg ab und steigen ab zum Ausgangspunkt nach Liptovske Revuce.
Krizna für die Radfahrer
Für alle die den Krizna lieber vom Fahrradsattel aus erklimmen möchten, gibt es auch hier eine sehr empfehlenswerte Mountainbike Tour. Nach dem Berg Kralova Hola in der Niederen Tatra, ist der Krizna der zweithöchste Berg in der Slowakei, zu dem ein markierter Radweg führt. Der Versorgungsweg zum Berghotel Kralova Studna, wird auch als markierter Radweg genutzt. Der Ausgangspunkt für die Radtour ist der Parkplatz unter der Harmanecka-Höhle. Jeder, der den Krizna als Radfahrer erobert quert am Anfang der Tour eine Eisenbahnbrücke und sieht einen von 22 Eisenbahntunnel von einer der schönsten Bergeisenbahnstrecken in der Slowakei. Diese Strecke wurde in den 30er Jahren durch die Große Fatra gebaut um die Städte Martin und Banska Bystrica mit einander zu verbinden. Der heutige Radweg führt zum Teil auf einem historischen Handelsweg, auf welchem vor Jahrhunderten das Kupfer aus der reichen mittelslowakischen Bergbauregion zur Ostsee transportiert wurde. Vor dem letzten Aufstieg zum Gipfel kann man sich im Berghotel Kralova studna erfrischen und den Blick über die Südslowakei genießen. Nach einer Rast am Gipfel hat man mehrere Möglichkeiten für die Abfahrt zurück zum Ausgangspunkt. Entweder man fährt die gleiche Strecke entspannt zurück oder Sie folgen die markierten Radwege nach Liptovske Revuce oder Horny Jelenec.
Krizna im Winter
Zwischen den Jahren 1971 und 1993 erleichterte den Aufstieg zum Krizna ein Sessellift, welcher auf der Südseite vom Ort Turecka zum Liska – einem Vorgipfel des Krizna – führte. Vom Liska – 1445 m hoch, dauerte die Wanderung auf den Gipfel nur 40 Minuten. Im Jahr 1993 war geplant, den alten Sessellift gegen eine moderne Seilbahn auszutauschen. Der Sessellift wurde demontiert, die Sanierungsarbeiten an Seilbahnstationen begonnen und am Ende ging dem Investor das Geld aus. Bis heute wurde die Seilbahn nicht wiederaufgebaut und das ehemals beliebte Skigebiet ist bis heute verlassen. Natürlich ist das für die Skifahrer traurig, aber die Natur profitierte davon und die Skitouerengeher freut es. So genießt man heute die weiten Hänge des Krizna fast ganz für sich allein. Und wer die Grosse Fatra und den Krizna einmal im Winter besucht hat, weiss warum die Region zu den besten Skitourengebieten des Landes gehört. Aber man muss Vorsicht walten lassen und vor jeder Tour den aktuellen Lawinenlagebericht studieren.
In der Vergangenheit erstreckte sich der Waldbestand der Grossen Fatra bis zum Hauptkamm des Gebirges. Vom 14. bis 16. Jahrhundert wanderten aus den südöstlichen Gebieten der Karpaten, im Rahmen der sogenannten walachischen Kolonisation, die Walachen (Hirten) in die Bergregionen der Slowakei ein. Für ihre Schafherden brauchten sie große Weideflächen und haben ausgedehnte Teile der Großen Fatra abgeholzt. Zu der großen Abholzung des Gebietes hat auch die erfolgreiche Bergbauentwicklung beigetragen. Die Hütten der mittelslowakischen Bergbauregion brauchten Unmengen an Holzkohle. Gerade diese Nachfrage wurde aus den Wäldern der Großen Fatra bedient. Die heutigen, blumenreichen Bergwiesen, welche nach der Abholzung entstanden, gehen auf diese Zeit zurück und bieten im Sommer ein farbenprächtiges Bild. Im Winter ändert sich das, denn zu dieser Zeit sind zahlreiche Berghänge lawinengefährdet. Der Krizna wird auch als Mutter der Lawinen bezeichnet. Eine der grössten Lawinen-Tragödien in der Slowakei passierte am 6. Februar 1924. Eine 4-km lange Lawine rollte von den waldfreien steilen Hängen des Krizna und tötete 18 Einwohnern des Dorfes Rybo. Die Schneemasse war 35 m dick und der letzte Schnee taute erst nach 3 Jahren. Eine große Lawine traf am 22.1.1999 fast das Dorf Turecka. Sie war 600 m breit und die großen Schneemassen kamen erst knapp 100 m vor den ersten Häuser des Dorfes Turecka zum Stehen.
Aufgrund dieser hohen Lawinengefahr wurde vor 40 Jahren entschieden an den Hängen des Krizna Krummholzkiefern anzupflanzen. Heute befindet sich am Südhang ein schöner Krummholz-Bestand, welcher in einer weithin sichtbaren Schachbrettform wächst und den Lawinenschutz erheblich verbessert hat.
Krizna – eine große Blumenwiese
Noch vor der großen Abholzung, in der Zeit der walachischen Kolonisation, und dem Bergbauboom gab es in der Großen Fatra kleine, natürliche nicht bewaldete Plätze. Sie befanden sich immer an extremen Stellen, wie z.B. den Kalksteinfelsen. Von hier aus verbreitete sich diese Vegetation nach Abholzung auf die neu entstandenen Bergwiesen. Die Saison für die Pflanzen beginnt jedes Jahr Ende Mai. Die ersten Bergblumen, sind stets die Narzissen-Windröschen, und die Bergwiesen sehen wieder wie mit Schnee bedeckt aus. Es ist bemerkenswert, dass in einer Höhe von 1400 – 1500 m ü. M. auch mehrere wärmeliebende und trockenliebende Pflanzen vertreten sind, findet man diese doch sonst eher in niedrigeren Lagen und Waldsteppen. Dies ermöglicht das warme und trockene Mikroklima auf den sonnigen Berghängen. Neben ausgesprochenen Bergpflanzen wächst z.B. der relativ wärmeliebende wilde Majoran oder Großblütige Fingerhut. Im Spätsommer blühen noch einige auffallende Blumenarten wie z.B. das Hasenlattich-Habichtskraut.
Kommentar (0)